Reisebericht 2022

Reisebericht Botosani 22. - 24. Juli 2022

Endlich war es soweit. Drei Mitglieder des neuen Vorstands der Pfotenhilfe haben sich auf den Weg nach Botosani in Nordostrumänien gemacht, dem vermutlich ärmsten Teil Rumäniens. Miro Kretschmer, Carmen Förster und Michaela Bredin haben drei Tage lang das städtische Tierheim (genannt Public Shelter) in Botosani, das private Tierheim des kleinen Tierschutzvereins Ador in Viktoria vor den Toren Botosanis und Florea, eine ältere Dame, die auf ihrem Grundstück viele Hunde beherbergt, besucht.

Wir konnten uns einen guten Überblick über die Situation vor Ort verschaffen und endlich auch die rumänischen Tierschützer persönlich kennenlernen, was für die weitere Zusammenarbeit von unschätzbarem Wert ist.

Jede von uns hat einen Tag unseres Aufenthaltes in Botosani geschildert. Miro Kretschmer als erste Vorsitzende beginnt mit einem kleinen Eindruck des ersten Tages im städtischen Tierheim, Carmen Förster widmet sich dann dem Aufenthalt im Tierheim von Ador und Michaela Bredin schließt unseren Reisebericht mit der Beschreibung des dritten Tages.

Alle drei waren wir nun "mittendrin" im rumänischen Tierschutzalltag und tief beeindruckt.


1. Tag: Besuch im Public Shelter

An unserem ersten Morgen treffen wir unsere rumänischen Tierschützer gegen 8.30 Uhr am Public Shelter. Das ohrenbetäubende Gebell der 600 Hunde macht die Verständigung fast unmöglich. Der Gestank der Fäkalien beißt mir in der Nase. Cristina und Daniel zeigen uns das Shelter. Obwohl ich schon diverse Videos, Bilder und Berichte gesehen habe, jahrelang in Tierheimen gearbeitet habe, fühlte es sich an wie ein Faustschlag in meinen Magen. Wir wollten unser Augenmerk auf die dringend benötigten neuen Hütten legen- mir wird sehr schnell bewusst, dass dies nur EINE der vielen Baustellen im PS ist. Wir bekommen nach den endlosen Zwingerreihen das Futterlager und den Tierarztraum gezeigt. Dort liegt in einem Käfig eine Hündin- apathisch, mit Fliegen übersät, nur noch Haut und Knochen. Cristina fragt, ob ich sie mit einer jungen Tierschützerin Sabina nach Suceava in eine Klinik fahren könnte.


Auf dem Weg finde ich Zeit mich mit Sabine auszutauschen, frage was benötigt wird, lasse sie mir ihre Sichtweise über Land und Leuten erzählen. Wir verlassen die Klinik mit ernüchterndem Ergebnis und bringen die Hündin zurück nach Botosani. Währenddessen unterstützen Michaela und Carmen Cristina bei der täglich anfallenden Arbeit und nehmen Kontakt zu den Hunden auf.

Ich mache Bekanntschaft mit der engagierten Tierärztin Ina, die sich ehrenamtlich um unsere Hunde kümmert. Wir haben ihr Spritzen, Nadeln, Faden und Verbandsmaterial mitgebracht. Die Freude darüber ist groß. Während wir über die Weiterbehandlung der Hündin beratschlagen, liefern Hundefänger 2 Hunde im Shelter ab.





Carmen und Michaela helfen Cristina bei der Vorbereitung der Hunde für Vorstellung im Internet. Ich habe nun Zeit mir die Zwinger genauer anzuschauen und mir über die baulichen Zustände Notizen zu machen. Außer den Hütten benötigen wir auch Abtrennungen, damit die Welpen nicht in die benachbarten Zwinger krabbeln können und dort gebissen werden. Oder auch winddurchlässigen Sonnenschutz für die Zwinger, neue Näpfe, Reinigungsmittel, Flächendesinfektionsmittel uvm. So geht unser erster Tag zur Neige, wir verabreden uns abends mit unseren rumänischen Kollegen zum Essen und Gedankenaustausch. Meine Stimmung ist gedrückt, zu viele Eindrücke, zu viele Baustellen.

Miro Kretschmer


2. Tag: Besuch des Victoria Shelters von Ador

Am zweiten Tag geht es wieder bei heißem Wetter morgens los. Wir besuchen heute das Victoria Shelter von Ador. Begrüßt werden wir direkt von einer großen Schar Welpen. Gefühlt wird überall um uns herum getapst und gewedelt. Was für ein Start in den Tag!

Dana, die 1.Vorsitzende von Ador, führt uns durch das Shelter. Wir sehen den eigentlichen Aufenthaltsraum, in dem die Welpen die Nacht verbringen, den Quarantänebereich, in dem zwei zarte Hundemütter mit ihren noch zarteren Welpen untergebracht sind, das Katzenhaus und natürlich die Hundezwinger mit den Junghunden, älteren Hunden und den Hunden, die schon ihr ganzes Leben hier im Shelter verbringen. Wir lernen so unglaublich viele tolle und bildschöne Hunde kennen. Nicht nur die Welpen, die, während Dana und ihre Arbeiterinnen die Zwinger reinigen und die Hunde versorgen, auf dem Gelände herumlaufen, sondern auch viele Hunde in den Zwingern möchten begrüßt und gestreichelt werden. Dana erzählt uns die Geschichten zu den Hunden. Manche wurden zu ihr gebracht, manche hat sie aus dem Müll gerettet. Der Alltag der Tierschützer in Rumänien.... Schön ist es zu sehen, dass die Näpfe, dank unserer tollen Futterpaten, gut gefüllt werden können.

Aber es gibt natürlich auch viele Probleme. Dana erzählt uns, dass 2 von 3 Brunnen leer sind und alle dringend auf Regen warten. Ein weiteres Problem sind die vielen Welpen, die trotz vieler Kastrationen, weiterhin geboren werden, so dass die Zwinger mehr als voll sind. Außerdem fällt schnell auf, dass die Hunde im Victoria Shelter neue Hundehütten brauchen. Viele sind stark abgenutzt, kaputt und zerkaut. Sie werden den Hunden im nächsten Winter nicht einmal annähernd Schutz bieten

Zum Ende hin besuchen wir noch einmal viele Hunde, machen Fotos und verlassen die Hunde mit dem Versprechen, sie weiterhin so gut es geht zu versorgen und Dinge zum Positiven zu verändern. Wir durften Dana kennenlernen, eine starke Frau, die jeden ihrer Hunde und seine Geschichte kennt, die die Probleme vor Ort versteht und auch nach so vielen Jahren nicht aufgibt, gegen Windmühlen zu kämpfen, um die Welt für die Hunde besser zu machen.

Carmen Förster

 

3. Tag: Nochmal Public Shelter und Besuch bei Ms. Florea

Der Tag beginnt zunächst mit einem erneuten Besuch im Public Shelter, um nach der schwer erkrankten Hündin Finja zu schauen. Ihr Zustand hat sich zwischenzeitlich leicht verbessert, ist aber nach wie vor sehr kritisch. An diesem Tag spendiert unser Team als besonderes Highlight auch eine Extraportion Hühnerfleisch, was die Vierbeiner als wohlwollende Abwechslung sichtbar genießen.

Da sich unsere rumänischen Tierschutzkollegen seit Monaten über die vielen maroden Hütten beklagen,  machen Teamkollegin Miro und ich eine Bestandsaufnahme aller Hütten in beiden Sheltern. Mit Block und Stift wandern wir durch jede nummerierte Zwingerreihe und müssen feststellen, dass bei vielen Hütten die Böden und Zwischenwände herausgebrochen sind und in vielen Dächern große Löcher klaffen. Uns wird schnell klar,  dass diese Hütten im bevorstehende Winter, mit standardmäßig zweistelligen Minusgraden, unseren Schützlingen keinen Schutz mehr bieten. Insbesondere die vielen Welpen wie auch die kleinen Hunde, die Hunde mit wenig Unterwolle und die vielen alten Hunde haben keine Chance den Bodenfrösten und der Feuchtigkeit des harten rumänischen Winters zu entgehen. Die Eiseskälte und die Nässe werden durch die maroden Zwingerböden und -wände kriechen und so manches Fellnäschen wird erfrieren oder krank werden, wenn wir hier keine Abhilfe schaffen und neue isolierte Hütten bereitstellen.  Ergebnis der Bestandsaufnahme ist, dass im Public Shelter ca. 107 und im Viktoria-Shelter ca. 25 Hütten dringend erneuert werden müssen bevor der Winter kommt.

Mittags treffen wir uns erneut mit Dana und fahren zusammen zu Florea; die 68-Jähirge lebt etwas außerhalb von Botosani auf einem riesigen Grundstück, auf dem es mehrere abgezäunte Bereiche gibt, in denen sie Straßenhunden einen „Unterschlupf“ gewährt. Die Hunde, die zum großen Teil sehr scheu sind,  sind dort zwar vor den Zugriffen von Hundefängern geschützt, Florea verfügt aber nicht über die finanziellen Mittel diese Hunde zu versorgen. Sie lebt faktisch am Existenzminimum inmitten ihrer Ziegenherde und mit ihren geliebten Hunden, für die sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten alles tut. Es gibt dort keinen Strom und Wasser bezieht sie nur aus einem Brunnen, der zur Zeit leider versiegt ist; Dana versorgt sie regelmäßig mit Wasser aus Kanistern, damit die Hunde nicht verdursten. Wir beliefern Florea regelmäßig mit Futter, wir finanzieren Kastrationen ihrer Hunde und Dana kümmert sich darum, wenn Hunde zum Tierarzt gebracht werden müssen.  Zur Zeit leben dort etwa 35 Hunde und kurz vor dem Abschied zeigt uns Florea noch einen etwa 4 Wochen alten Welpenjungen, den irgendjemand nachts zuvor auf ihrem Grundstück „entsorgt“ hat. Dana nimmt sich sofort dem kleinen Kerl an und wird ihn in ihrer Welpenstation aufpäppeln. Tief berührt von dem Engagement dieser Frau, die trotz der eingeschränkten persönlichen Möglichkeiten ihr ganzes Leben uneigennützig den Tieren widmet, fahren wir zurück ins Hotel und verbringen einen letzten geselligen Abend mit den rumänischen Tierschutzkollegen, die hier alle mit viel Herzblut unschätzbare Arbeit leisten.
Am nächsten Morgen geht es dann mit vielen Eindrücken, großer Achtung vor allen Helfern vor Ort und einer langen To-do-Liste im Gepäck ganz früh wieder Richtung Heimat.

Michaela Bredin


Wieder zuhause ...

Seit unserem Aufenthalt in Rumänien sind nun gut zwei Wochen vergangen. Doch die Eindrücke bleiben und mit ihnen die Sorge, dass viele Hunde den kommenden Winter nicht überleben werden. Jetzt im Hochsommer sind Stürme, Schnee und Eiseskälte noch weit weg. Doch wenn erst wieder meterhoher Schnee liegt und das Thermometer in Botosani auf minus 25 Grad auch tagsüber sinkt, dann werden die Hunde erbärmlich frieren und und einige auch erfrieren. Wir haben in den drei Tagen unseres Aufenthaltes sehr viel Not und Leid gesehen und  viele, nicht nur im sprichwörtlichen Sinne gemeinte Baustellen, wo Veränderungen dringend notwendig sind. Doch natürlich können wir nicht alles auf einmal anpacken. Deshalb beginnen mit dem Wichtigsten, mit dem, was die Hunde in den Tierheimen in Botosani überleben lässt: Futter und Hütten. Dank unserer Futterpaten können wir monatlich das Public Shelter, das Viktoria Shelter und auch Floreas Hunde mit Futter versorgen. Unser Augenmerk liegt deshalb nun in den kommenden Wochen und Monaten auf der Erneuerung der vielen maroden Hütten.

Hierbei benötigen wir Ihre und Eure Unterstützung!

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